Ein gutes Tröpfchen Wein aus der Weinstrasse in den Kleinen Karpaten
Also Weinstrasse! Für unsere österreichischen, deutschen und schweizerischen Kollegen gehört ein Weingebiet oft zum Altag. Auch in unserem Land, gibt es im Süden überall Weingebiete, aber direkt am Fuss der Kleinen Karpaten, befindet sich vieleicht die wohl bekannteste Weinstrasse in der Slowakei – von Bratislava/- Pressburg bis nach Trnava.
Dank der vorteilhaften Lage und der speziefischen Bodeneigenschaften gab es schon seit jeher ein auserordentliches Potenzial für die Weine, deren Ruf schon seit Langem bei den benachbarten Nationen oder Stämmen, bzw. später auch Ländern bekannt wurde.
Was das Klima betrifft: Die Slowakei liegt auf der nördlichen Grenze der Klimazone, in der die Rebstöcke hochwertige Trauben tragen, und deshalb ist der Wein aus diesem Gebiet auch so einzigartig. Die Trauben reifen nicht bei grosser Hitze und Trockenheit, wie dies in den Mittelmeerregionen der Fall ist, sondern im Spätsommer, bzw. unter Herbstbedingungen, bei mässigen Temperaturen und auch, was wichtig ist, bei ergiebiger Feuchtigkeit, was hiesigen Weinen eine spezielle Eleganz, Fruchtigkeit, delikate Säure, mit angemessenem Alkoholgehalt verleiht. Dieses alte Weinbaugebiet beginnt an den sanften Hängen der Kleinen Karpaten – also buchstäblich am Fuss der Karpaten zur Donauebene hin. Und wenn wir ganz tief in die Vergangenheit schauen, sind wir eigentlich im Grenzbereich des Limes Romanus.
An die langjährige Weinbaugeschichte in dieser Region deutet auch die Tatsache hin, dass die ersten Wewähnungen von Wein ungefähr 2600 Jahre alt sind und in die Zeit vor Ankunft der Kelten auf dieses Gebiet zurückreichen. Die Kelten, aber insbesondere die Römer, fuhren mit der Weinbautradition fort. So haben z.B. auf Anregung des Kaisers Marcus Aurelius seine Legionäre, die hier stationiert waren, in Friedenszeiten Weingärten angelegt und bearbeitet. Die Anwesenheit der Römer und ihr damit verknüpfter Einfluss dauerte uber 300 Jahre. Aber auch nachher wurde der Weinbau erhalten und weiter betrieben.
Ein wirklicher Aufschwung und eine Entfaltung des Weinbaus trat jedoch im 13. Jahrhundert ein, als sich der kommerziell orientierte Weinbau durchsetzte, der auf die Zufriedenstellung der Nachfrage ausgerichtet war. Wir wissen, dass die wichtigsten Weinbauorte heutige Städte, wie Svätý Jur – Sankt Georgen, Modra, Pezinok und naturlich Bratislava / Pressburg waren.
Wenn wir ein Bisschen in der Geschichte stöbern, können wir uns auch fragen, wer waren überhaupt die ersten modernen Weinbauern in der heutigen Slowakei bzw. auf dem slowakischen Gebiet des damaligen Ungarns? Sicher ist, dass nach dem Angriff der Mongolen im 13. Jahrhundert, als das Land zerstört und ausgeplündert war, der ungarische König Béla IV. eine grossangelegte deutsche Besiedlung einleitete. Die Könige Ungarns vervolgten sowohl wirtschaftliche als auch politische Ziele. Es fehlte an Handwerkern, Bergleuten und Siedlern in spärlich bewohnten Gegenden, an Bauern und auch Weinbauern. Die Neuankömmlinge erhielten das Versprechen, dass sie sich nach eigenem Recht als Freie verwalten durften. Sie kamen nicht als Eroberer, nicht als Kolonisten, nicht als Abenteuerer oder Söldner einer fremden Macht; sie wurden von den Königen Ungarns berufen bzw. eingeladen. Die neuen Siedler, auch „Gäste“ gennant, kamen hauptsächlich aus Bayern, Tirol und einige aus dem Rheinland. Was sehr wichtig war: sie haben in der Zeit neueTechnologien und Kenntnisse der Weinwirtschaft und Weinherstellung mitgebracht. Die Goldenen Zeiten des Weinbaues in der Kleinen Karpaten erreichten ihren Höhepunkt im 17. Jahrhundert. Auf einem relativ kleinen Gebiet befinden sich zu dieser Zeit viele, d.h. fünf königliche Freistädte – Bratislava / Pressburg, Trnava, Modra, Pezinok und Svätý Jur.
Insbesonders die drei zulezt genannten, verdankten dem Wein ihre Privilegien.
Die Winzer schenkten den Wein am Anfang zu Hause, später in eigenen Kellern und zuletzt in Häusern für die Offentlichkeit, so genannten „Schenken“. Bis zum heutigen Tag ist in unserer Mundart das Wort „Schenk“, für ein Gasthaus erhalten geblieben.
Die Weinbaugemeiden und Weinbaustädte hatten ihre Schenke, wo die Winzer zu bestimmten Zeiten ihre Weine ausschenken durften. Dank des bekannten ungarischen Polyhistorikers Mathias Bél wissen wir heute, welche Weine unsere Vorfahren zu Beginn des 18. Jahrhunderts bevorzugten. Die meist verbreiteten Sorten waren der Grüne Veltliner, der Grüne und Rote Silvaner, der Blaufränkische und der Portugiesische.
Interessant ist, dass Besoffenheit in der Schenken oft keinen Verlust des guten Namens oder Rufs bedeutete. Angeblich hat man gedacht, dass das Ablegen der Sorgen ein Hauptgrund für das Trinken ist.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts trat eine gewisse Stagnation des Weinbaues ein. Der Grund waren hohe Preise, hohe Zölle. Der Wein wurde teuer und die Nachfrage ging zurück. Man produzierte den Wein nur für eigenem Bedarf. Natürlich ging die Entwicklung weiter. Um modern zu wirtschaften, hatte man in Bratislava / Pressburg schon im Jahre 1860 eine Genossenschaft „Kellerverein der Pressburger Weinbauern“ gegründet und so für den Weinbau weitere Prosperität gesichert. Und so hat die Weinproduktion eine Renaissance erlebt! Noch etwas Besonderes: In den Kleinen Karpaten wurden seit 1825 auch Schaumweine produziert. Das waren Produkte der Firma J.B.HUBERT – der Besitzer war ein Franzose, der mit Napoleons Armee gekommen war – die in ihrer Zeit die erste Fabrik war, wo der Schaumwein auserhalb der Grenzen Frankreichs nach Original-Rezept hergestellt wurde. Die Firma und die Marke „HUBERT“ besteht bis heute.
Auch Schwierigkeiten und Krankheiten befallen die Rebstöcke. Besonders die Reblaus hat grossen Schaden angerichtet. Seit der Zeit, begann man im Weinbau Schritt für Schritt nach modernen Methoden und Kenntnissen der Wissenschaft und der Technologie zu arbeiten. In Bratislava / Pressburg und in Modra wurden Weinbauschulen gegründet, Lehrbroschüren herausgegeben und Vorlesungen für die Winzer organisiert.
Nach 1948 setzte sich der staatlich gelenkte zentralisierte Weinbau durch. Diese Zeit war für die weitere Entwicklung nicht völlig negativ. In Bratislava wurde z.B. auf Grund der alten Traditionen das „Forschungsinstitut für den Weinbau und die Weinproduktion“ gegründet, in intensiver Zusammenarbeit mit dem Ausland, besonders mit Deutschland, Österreich, Frankreich...usw.
Heute „lebt“ die gesamte Region wieder aktiv auch durch dem Wein. Derzeit sind im Gebiet der Kleinen Karpaten ca. 6000 ha Weinflächen registriert. Die meist verbreiteten Sorten sind der Grüne Veltliner, Welsch-Riesling, Müller-Thurgau, Weiss Burgunder, Blau Fränkische, Cabernet-Savignon und St.Lorenz. Jedes Jahr finden Winzerwettbewerbe mit interessanter Beteiligung statt. Auch die Weinernte und der Tag der offenen Keller sind sehr begehrte gesellschaftliche Ereignisse. Im Mai finden die Feierlichkeiten zum Heiligen Urban, dem Patron der Weinbauern und Winzer statt. Dazu gehören viele Verkostungen mit fachmännischer Führung, und das nicht nur für die Fachleute und Spezialisten, sondern auch für die breite Öffentlichkeit. Und für die „durstigen“ Touristen und Besucher sind auf der Weinstrasse zwischen Bratislava und Trnava über 80 Weinstuben eingerichtet.
Also – Prost!
Ing.Lenka Lutonská
UDA Bratislava