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Weihnachten in Polen
Der 24. Dezember ist ein Fastentag. Unabhängig von der Weltanschauung essen die Polen kein Fleisch, trinken keinen Alkohol und die Kinder müssen auf die Süßigkeiten bis zum Abend warten. An diesem Tag stellt man den Weihnachtsbaum auf, schmückt ihn und in der Küche laufen die letzten Vorbereitungen zum Festessen. Derweil drücken sich die Kinder die Nasen an den Fenstern platt - und warten auf den ersten Stern, denn erst dann wird das Fest eröffnet. So wird der Heilige Abend in Polen auch das "Sternfest" (Gwiazdka) genannt. Zusammen mit dem Erscheinen des ersten Sternes, erklingt sogleich das erste Weihnachtslied und die Familie versammelt sich um den Tisch.
Zuerst liest man das Weihnachtsevangelium vor. Dann nimmt der älteste Mann die auf einem Teller liegende Weihnachtsoblate und teilt sie unter alle Anwesenden. Die Oblate ist ein geweihtes hauchdünnes weißes Gebäck, verziert mit einem aufgeprägten Bild. Man bekommt sie gegen eine kleine Spende in jeder Kirche. Jeder wünscht jedem ein schönes Fest, Glück und Gesundheit und bricht dabei ein Stückchen der Oblate ab. Danach wird die Oblate aufgegessen, einige Stückchen werden allerdings als Glücksbringer bis zum nächsten Fest aufgehoben. Den alten Brauch des Oblatebrechens pflegt jedes polnische Haus - unabhängig davon, ob die Familie kirchlich gebunden ist. Dabei müssen alle alten Streitigkeiten verziehen und vergessen werden. Erst dann darf man sich an den Tisch setzen. Es ist ein schöner, rührender Moment - vielleicht der schönste an diesem Abend. Der Tisch ist mit einer weißen Tischdecke gedeckt. Unter die Decke legt man etwas Heu - es symbolisiert das Heu der Krippe. Ein Gedeck bleibt immer frei - für einen Gast, der unerwartet kommen könnte, denn niemand soll an diesem Tag allein sein. Jeder ist willkommen.
Traditionell kommen 12 Gerichte (nach den 12 Aposteln) auf den Tisch. Die Speisen variieren regional etwas, in ganz Polen isst man aber an dem Abend Fisch. Den Karpfen, der als ein ausgesprochener Weihnachtsfisch gilt, reicht man meistens paniert, gebraten, mit frischem Brot. Der Karpfen teilt sich die Beliebtheit auf dem Tisch mit dem Hering, serviert in Öl oder Sahne. Das Essen eröffnet eine Suppe. Meistens ist dies die Rote Beetesuppe "Barszcz" mit gefüllten Teigwaren. Zur Auswahl steht oft auch eine Pilzsuppe. Danach kommen die verschiedenen Fischgerichte, Piroggen gefüllt mit Kraut und Pilzen, Sauerkraut mit Erbsen, es gibt Teigwaren mit Mohn, Honig, Mandeln, Rosinen und Nüssen, und ganz wichtig: Kompott aus Dörrobst. Das Mahl runden gerollter Mohnkuchen, Käsekuchen, Pfefferkuchen sowie Nüsse und Orangen ab. Das Essen dauert sehr lange, denn jeder soll alle Speisen probieren - das bringt Glück.
In der Nacht gehen die Bauern zu ihren Tieren und geben ihnen Reste der Weihnachtsoblate. Aber auch zu Hause lassen die Kinder die Hauskatze oder den Hund nicht in Ruhe schlafen. An diesem Tag sollen laut dem alten Glauben die Tiere mit menschlicher Zunge reden können. Spät, kurz vor Mitternacht geht die Familie zur Christmesse. Auch macht man einen ausgedehnten Spaziergang, um die Weihnachtskrippen in den umliegenden Kirchen zu bewundern. Jede Kirche in Polen stellt eine Weihnachtskrippe auf. Sehr berühmt sind die Krakauer Krippen, die man auch in Miniatur kaufen kann. Sie sind ein begehrtes Mitbringsel. Am zweiten Weihnachtstag besucht man Freunde oder bekommt selbst Besuch.