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Gegenseitiges Grüßen von Personen, welche unter einem Dach wohnen
Czesław Leśniara, U3W Wrocław/Polen
Viele Personen in Polen – welche unter einem Dach wohnen – sind der Meinung, daß man sich gegenseitig nicht zu grüßen braucht, also nicht ,,Guten Tag‘‘ oder ,,Guten Abend‘‘.
Ich wohne in einem 10-stöckigen Hochhaus und bemerke, wie viele Einwohner, die das Gebäude betreten, weder „Guten Tag“ noch irgend einen anderen Gruß sagen. So verhält sich zwar die Minderheit, aber als Hausbewohner fällt einem das auf.
· Vor 18 Jahren , als ich eine Wohnung in diesem Hause kaufte , war es schon circa 20 Jahre bewohnt. Den Mangel an Begrüßung merkte ich sofort. Ich beschloß, alle zu grüßen, unabhängig vom Alter und ohne zu überlegen, wer dies als Erster tun sollte. Ich dachte, vielleicht gewöhnen sich die Leute daran. Nach einiger Zeit hörte ich von Bekannten aus dem Hause, daß über mich gesagt wird: das ist der Verrückte aus der 11, welche allen ,,Guten Tag‘‘ sagt.
Trotz vieler politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandlungen, welche unser tägliches Leben änderten, blieb der unschöne Brauch bis heute. Ungefähr 1/3 der Bewohner grüßt beharrlich niemanden nach Eintritt ins Gebäude. Das sind Leute in verschiedenem Alter, junge, in mittleren Jahren und alte Leute. Man kann verschiedene Arten eines solchen Verhaltens bemerken, z.B.:
· niemanden grüßen – ohne Ausnahme
· ältere werden durch Jugendliche nicht gegrüßt, obwohl sie wissen,
daß ihre Eltern sich grüßen
· ältere Personen werden von Erwachsenen nicht gegrüßt , trotzdem sie sie als Kinder grüßten, doch das jetzt irgendwie vergessen haben
· einen Gruß nicht beantworten. Solche Leute gibt es auch .
In den neueren Wohnhäusern trifft das Nichtgrüßen selten auf. Auch in Häusern, welche 40-50 Jahre stehen, grüßen sich die Einwohner. Ich habe nicht die Absicht zu erklären, wie so ein Verhalten entsteht. Ich führe hier nur eine Erklärung an, welche ich vor langer Zeit hörte. In dem Zeitabschnitt, als Polen ,,an Kraft zunahm‘‘ , wurden die Wohnblöcke größtenteils durch Dorfbewohner angesiedelt, welche sich nicht gerne zu ihrem ländlichen Herkommen bekannten. Auf dem Lande existierte immer der Brauch, sich zu grüßen. Um seine Herkunft ,, vom Dorfe‘‘ nicht zu verraten, grüßten sich die Mieter nicht, weiol sie das für einen guten, städtischen Brauch hielten. So hat das Sich-Anpassen an den angeblich guten Brauch, einfach Rüpelei hervorgebracht.
Mit Grüßen – auf alle Fälle - Czesław Leśniara
Juni 2009